STUDENTISCHES WOHNEN
Von Dr. Stefan Brauckmann
Mit dem Wechsel vieler Universitäten zurück in die Präsenzlehre hat das Moses Mendelssohn Institut eine Sonderauswertung des Hochschulstädte-Scoring herausgebracht. Untersucht wurde die Wohnungsmarktsituation für junge Menschen in allen 97 deutschen Hochschulstädte mit mehr als 5.000 Studierenden. Besondere Aufmerksamkeit bekam diesmal die veränderte Situation aufgrund der Pandemie.
Erste interessante Erkenntnis: Tatsächlich sind die Studierendenzahlen in der Pandemie gestiegen. Zum Teil kann das auf verzögerte Studienabschlüsse und zurückgeführt werden. Auf der anderen Seite sank die Zahl der Ausbildungsverhältnisse sowie der nach dem Schulabschluss absolvierten Freiwilligendienste und Auslandsaufenthalte. Mittlerweile sind an deutschen Hochschulen mehr als 2,9 Millionen Personen immatrikuliert.
Viele Studierende blieben während der Pandemie bei den Eltern wohnen oder zogen sogar zurück. Nachdem nun wieder weitgehend auf Präsenzveranstaltungen umgestellt wurde, dürfte die Mobilität der jungen Menschen weiter steigen. Dadurch, dass nach zwei Jahren Online-Uni die Studierenden mehrerer Jahrgänge gleichzeitig den Schritt in die erste WG oder das erste Apartment machen, dürfte das Angebot sich weiter verknappen.
Der Nachholeffekt macht sich bereits in diesem Jahr bemerkbar. Während die Preise für WG-Zimmer bis Ende 2021 im Schnitt auf dem Vor-Corona-Niveau stagnierten (389 zu 391 Euro) stiegen sie Anfang 2022 deutlich auf rund 414 Euro. Dabei sind weiterhin deutliche regionale Unterschiede festzustellen. Während ein WG-Zimmer in Ostdeutschland im Schnitt 300 Euro kostet, fallen in den sehr angespannten Wohnungsmärkten im Schnitt rund 500 Euro an. Zu den teuersten Standorten zählen München, Frankfurt am Main, Hamburg, Berlin, Köln und Stuttgart. Aber auch in kleineren Städten wie Darmstadt, Freiburg, Tübingen oder Mainz sind die Wohnungsmärkte für Studierende trotz der Corona-Pandemie sehr angespannt.
Die Anzahl an Studierendenwohnheime und Apartments ist dabei im Verhältnis zu den mittlerweile wieder steigenden Zahlen auswärtiger Studierender nach wie vor viel zu gering. Da sie auf dem normalen Wohnungsmarkt in Konkurrenz zu zahlreichen Gruppen mit kleineren Einkommen stehen, sind spezifische Angebote gefragt. Doch in den herkömmlichen Wohnheimen kommen nur deutschlandweit weniger als 10 Prozent der Studierenden unter. Insbesondere an beliebten Standorten muss daher zügig der benötigte Wohnraum für Studierende geschaffen werden. Hier geht es zur gesamten Auswertung. Dr. Stefan Brauckmann ist Direktor des Moses Mendelssohn Instituts.
Bilder: (© GBI Holding AG)